Interview: Corinna Dorenkamp über den Beruf als Synchronsprecher
1. Hallo Frau Dorenkamp. Stellen Sie sich und Ihren Beruf als Synchronsprecherin kurz vor.
Hallo, ich heiße Corinna Dorenkamp, bin 34 Jahre alt und habe mit 8 Jahren als Sprecherin für Hörspiele und Radiohörspiele angefangen.
Mit 12 Jahren kam die Synchronisation dazu die ich seitdem mal mehr mal weniger ausgeübt und später dann zu meinem Beruf gemacht habe.
2. Wie gestaltet sich der Tagesablauf eines Synchronsprechers?
Normalerweise arbeitet man nur vormittags oder nachmittags, da irgendwann die Konzentration nachlässt. Lässt es sich nicht vermeiden werden es auch schon mal 6-8 Stunden, das ist aber nur bei Zeitdruck der Fall.
Zwischendurch wird mal ein kurzes Päuschen eingelegt und dann wird weiter die Dispo abgearbeitet auf der die Takenummern stehen die man zu sprechen hat. Ein Take ist meist ein bis zwei Sätze oder nur ein Lachen oder ein Laut.
3. Wie läuft eine Synchronarbeit technisch ab?
Ich stehe in einem Raum mit Pult und einem Mikrofon, dahinter ein Fernseher.
Auf dem Pult liegt das gesamte Drehbuch und daneben die Dispo mit allen Aufnahmen des Tages.
Unter meinem Namen stehen meine zu synchronisierenden Takes, die ich abarbeite.
Der entsprechende Take wird mir einmal gezeigt und dann bin ich dran.
Es erscheint ein Einzähler von 1 2 3. Auf die imaginäre 4 muss ich anfangen zu sprechen.
Im Hintergrund sitzt der/die Cutter/in, der/die mir sagt ob ich es hätte langsamer oder schneller sprechen müssen, ob ich eine Pause im Satz falsch oder gar nicht gesetzt habe usw.
Der/die Regisseur/in sagt mir ob es von der Stimmung passt oder falsch betont wurde. Der/Die Tonmeister/in achtet drauf, ob es verständlich war oder ob ein kleines Geräusch mit drauf war (wie z.B. ein Klitschen durch Spucke).
4. Muss man als Synchronsprecher sehr flexibel sein?
Je flexibler desto besser, klar.
Je mehr man kann, bzw je mehr man sich auf Charaktere einstellen kann, desto mehr Chancen hat man bei unterschiedlichen Rollen.
Ich spreche gerade in einer Serie namens “Orphan Black” die Hauptrolle, die verschiedenste Klone hat. Eine wahnsinns Herausforderung, so viele verschiedene Charaktere in nur einer Serie zu sprechen. Diesen Job hätte ich ohne Flexibilität nicht gekriegt.
5. Welche Charaktere und Dialekte liegen Ihnen am besten? Ist eine markante Stimme für einen Synchronsprecher notwendig?
Was Dialekte angeht, kann ich so richtig nur Kölsch weil ich in Köln geboren bin.
Aber viele Andere kann ich mittlerweile auch einigermaßen und wenn mir jemand was vormacht kann ich es schnell nachsprechen.
Mir wurde auch schon ein Spanier zur Seite gestellt weil ich mit spanischem Akzent sprechen musste und teilweise sogar spanisch.
Also ist ein Händchen für Sprache und Dialekte definitiv von Vorteil.
Eine markante Stimme hat natürlich einen schnelleren Wiedererkennungswert ist aber nicht zwingend erforderlich.
Im Gegenteil, mit einer unauffälligeren Stimme kann man viel unterschiedlichere Charaktere sprechen.
Lieblingscharaktere habe ich eigentlich nicht, da jeder was für sich hat. Ob es sich um reale oder Trickfiguren handelt, ist egal – beides ist spannend.
Bei Trickfiguren kann man sich allerdings meistens schöner austoben weil sie oft sehr übertrieben spielen (vor allem beim Animé).
6. Durch welches Training kann man seine Synchronsprecherstimme verbessern?
Also wenn man das Synchronsprechen noch nicht allzu lange macht kann man sich nur verbessern in dem man oft Jobs hat, leider… Denn dadurch kriegt man Sicherheit und kann sich immer besser auf seine Stimme und sein tatsächliches Können konzentrieren. Mein Glück war, dass ich damit aufgewachsen bin, denn so läuft alles automatisch und ich kann geben was ich kann.
7. Wird man mit einer guten Synchronsprecherstimme geboren oder sind etwaige Aus- und Fortbildungen erforderlich? Wenn ja, welche Vorteile sehen Sie in ein einem Studium/einer Ausbildung etc.?
Also um alleine den Ablauf kennen zu lernen und ein bisschen Sicherheit zu kriegen ist ein Synchronworkshop oder ähnliches definitiv von Vorteil.
Aber ich glaube schon dass man eine gewisse Veranlagung dafür mitbringen muss und auch Mut. Schüchternheit ist hier natürlich weniger von Vorteil.
Viele Studios setzen mittlerweile bei neuen Sprechern eine Schauspielausbildung (oder viel Workshoperfahrung) voraus. Zeit ist Geld und es ist während regulären Aufnahmen einfach keine Zeit da, um sich in Ruhe einem unerfahrenen Sprecher widmen zu können.
Meiner Meinung nach müssten die meisten Studios auch viel mehr Zeit in Kinder investieren, damit würden sie sich einen riesen Gefallen tun für die Zukunft!
8. Gab es Auftritte, die Sie besonders zum Schwitzen brachten und MUSS man als Synchronsprecher gleichzeitig auch Schauspielerfahrung mitbringen? Begründen Sie!
Man muss keine Schauspielerfahrung mitbringen aber gerade für erwachsene Anfänger ist es bestimmt von Vorteil.
Ich finde man muss immer ein bisschen unterscheiden zwischen Synchronsprechern wie mir, die damit aufgewachsen sind, und denen die es erst später zu Ihrem Hobby oder Beruf machen.
Wir Kindersprecher konnten uns ohne die Angst, die man später vielleicht hätte entfalten und ganz natürlich sein.
Es kann aber auch im Weg stehen zuerst “nur” Schauspieler zu sein, da man beim Synchron alleine in einem oft kleinen Raum vor einem Mikro steht, keinen Platz hat und sich auch durch die vorgegebene Zeit des Charakters voll unterordnen muss.
Ich komme eigentlich nicht mehr ins schwitzen bei Jobs, dafür hab ich schon zu viel Erfahrung.
Aber manchmal will ein Take einfach so gar nicht hinhauen und dann merkt man schon den Druck den man sich dann selber macht. Dann bin ich aber auch so ehrgeizig, ihn gut abzuliefern und nicht mit Ach und Krach.
9. Welche Rolle spielen persönliche Kontakte in diesem Berufszweig?
Soweit ich weiß bieten viele Studios immer mal wieder Castings an, so dass Kontakte nicht wirklich von Nöten sind, bzw. wenn kein Talent vorhanden ist, bringen auch Kontakte im Endeffekt nichts.
Allerdings ist es definitiv von Vorteil in den Köpfen der Regisseure und Aufnahmeleiter zu sein, da sie sich an mich erinnern müssen, um mich zu besetzen, wenn ich im Sprecherberuf arbeite.
10. Haben Sie ansonsten hilfreiche Ratschläge oder Tipps für Berufseinsteiger?
Ich würde schauen dass ich Erfahrung kriege durch Menge/Masse Jobs, denn so kommt man erstmal in die Köpfe der Regisseure und Aufnahmeleiter und kann sich vielleicht hervortun.
Ich kenne auch einige die erstmal Pornos synchronisiert haben, die oft nicht so gut bezahlt sind. Aber hey, man sammelt Erfahrung und Sicherheit in seinem Job :o)
Außerdem sind zum ersten reinschnuppern auch Workshops ein toller Einstieg und man hat zumindest ein bisschen was vorzuweisen.
Will man sowieso in Richtung Schauspiel gehen, ist eine Ausbildung natürlich am besten, da heutzutage auch oft Synchron als Fach angeboten wird.
Ich kann nur sagen, der Beruf des Sprechers ist wahnsinnig spannend und abwechslungsreich und ich drücke allen die Daumen die sich darin versuchen möchten!
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Berufsbild Synchronsprecher: Übersicht & Aufgaben, Ausbildung & Studium
1. Was ist ein Synchronsprecher?
Ein Synchronsprecher (auch Synchronschauspieler genannt) verleiht Schauspielern u.Ä. ihre Stimme. Wie die eher selten verwendete Bezeichnung „Synchronschauspieler“ treffend beschreibt, kann man einen Synchronsprecher als Schauspieler bezeichnen, der ausschließlich seine Stimme einsetzt. Die unterschiedlichen Stimmen werden hauptsächlich für die Übertragung von Filmen in eine andere Sprache gebraucht, oder für Aufnahmen, die von vornherein keine Stimmen enthalten, wie zum Beispiel Trickfilme und Computerspiele. Es kommt jedoch vor, dass man auch einem Synchronsprecher für gleichsprachige Aufnahmen benötigt, da der Schauspieler selbst zu unverständlich spricht. Dies ist aber eher selten der Fall. Für Filme mit kleinem Zielpublikum zum Beispiel führt eine Synchronfassung zu unzureichenden Ergebnissen oder macht finanzielle Probleme. Daher kommt es vor, dass Untertitel verwendet werden oder eine Mischung aus Synchronisation und Untertiteln. Bei Übersetzungen ist einem Schauspieler nicht selten ein fester Synchronsprecher zugeteilt. Dadurch soll vor allem ein hoher Wiedererkennungswert für den Schauspieler entstehen.
Synchronsprecher arbeiten hauptsächlich bei Unternehmen in der Filmwirtschaft, in Tonstudios und bei Rundfunkveranstaltern, sind in der Regel aber Freiberufler, also handelt es sich oft nur um temporäre Beschäftigung an einem bestimmten Arbeitsplatz. Eine TV-Werbung klingt mit einer später separat aufgenommenen Stimme häufig direkter und klangvoller. Aus diesem Grund und weil die Stimme der Person, die man in der Werbung sehen kann manchmal nicht die gewünschte Massage vermitteln kann, wird in der Werbebranche meist nicht mehr auf einen Synchronsprecher verzichtet.
2. Wie wird man zum Synchronsprecher?
Wenn man als Synchronsprecher sein Geld verdienen möchte, sollte der allgemeinen Meinung nach im Voraus ein wenig praktische Erfahrung im Schauspielern machen, da diese für die meisten Jobs in dieser Branche vorausgesetzt werden. Eine Ausbildung zum Synchronsprecher gibt es nicht. Die meisten Synchronsprecher kommen demnach über die Schauspielerei oder den Hörfunk zu Ihrem Beruf.
Synchronsprecher werden pro aufgenommene Sekunde mit einer festgelegten Summe bezahlt. Tatsache ist leider, dass es wenige Sprecher gibt, die von Ihrer Kunst leben können. Vor allem bei Synchronsprechern sind die Honorare eher schlecht, wobei es natürlich auch Ausnahmen gibt. Ausnahme ist hier der Werbebereich, denn dort wird man sehr gut bezahlt.
3. Was sind die Aufgaben eines Synchronsprechers?
Als Grundlage der Synchronfassung dient das Dialogbuch, welches sich an der Originalfassung orientiert, bei der der Synchronsprecher letzte Änderungen selbst vornehmen kann. Synchronsprecher achten bei ihrer Arbeit auf den Lippenschluss und auf den repräsentativen Ausdruck. Sie müssen die Echtheit des stimmlichen Ausdrucks bewahren, ohne den Körper stark einsetzen zu können, da Bewegungen hinter dem Mikrofon Nebengeräusche und Tonstörungen verursachen könnten. Die Fähigkeit zu Schauspielern ist die Grundvoraussetzung für den Beruf des Synchronsprechers. Da nicht jeder diesem Beruf gewachsen ist, gibt es momentan sogar Nachwuchsprobleme in dieser Branche.