Berufsbild Regisseur/-in im Theater: Interview mit Thomas Ritzinger

Interview: Thomas Ritzinger über den Beruf als Regisseur im Theater

1. Hallo Herr Ritzinger. Stellen Sie zuerst sich und Ihren Werdegang kurz vor.

Mein Name ist Thomas Ritzinger und ich bin 1982 im Salzburger Land geboren und aufgewachsen. Schon sehr früh manifestierte sich der Wunsch in mir, Schauspieler zu werden und als ich mit 14 Jahren beschloss, mich gezielt auf den Beruf vorzubereiten, hielten das natürlich alle für eine Spinnerei, die vorüber gehen würde. Nach der Matura und dem Hinter-Mich-Bringen des Präsenzdienstes beim Österreichischen Bundesheer, landete ich direkt am Schauspielhaus Salzburg, wo ich meine Schauspielausbildung absolvierte. Die Bühnenreife erwarb ich am Theater in der Josefstadt in Wien.

Im Anschluss der vierjährigen Ausbildung wurde ich am Westdeutschen Tourneetheater in Remscheid (NRW) engagiert, wo ich 8 Jahre lang fester Bestandteil des Ensembles war. Wir arbeiteten in diesem Theater eng mit allen Abteilungen zusammen und nach und nach stieg das Interesse, ein Stück nicht nur in Hinblick auf eine Rolle zu gestalten, sondern eine »komplette Vision« eines Stückes umzusetzen. Mit diesem Wunsch rutschte ich sozusagen in die Regiearbeit, die zwar nie mein Hauptberuf wurde, mir aber gelegentlich die Möglichkeit bot, Theater von einer anderen Perspektive aus zu gestalten.

Mein festes Engagement endete mit der Spielzeit 2012/13 und ich arbeite seither als freischaffender Schauspieler, Regisseur, Autor und Moderator. Parallel zu meiner künstlerischen Tätigkeit habe ich mich dazu entschlossen, den ökonomischen und organisatorischen Aspekt meines Berufes zu vertiefen und studiere aufgrund dessen Medienkulturwissenschaften und Medienmanagement an der Universität zu Köln.

2. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, Ihre Regiearbeit ausschließlich auf Theaterproduktionen zu beziehen?

In die Regiearbeit am Theater bin ich hineingewachsen. Eigentlich bin ich ausgebildeter Schauspieler, hatte aber im Laufe der Zeit mehrere Möglichkeiten, Regie zu führen und meinen gewohnten Rahmen zu verlassen. Zwar bin ich auch sehr an der Regiearbeit für Film- und Fernsehproduktionen interessiert, allerdings hatte ich bisher noch nicht die Möglichkeit, als Regisseur an einer solchen Produktion zu partizipieren.

3. Wo arbeiten Sie gerade? Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?

Aktuell arbeite ich weiterhin als Gast am Theater in Remscheid, als freischaffender Schauspieler, Regisseur, Autor und Moderator und studiere zusätzlich noch Medienmanagement in Köln.

Mein klassischer Alltag während einer Regiearbeit sieht so aus, dass ich um 08:30 Uhr aufstehe und nach morgendlichem Training ins Theater fahre. Dort bereite ich die Probe vor, die um 10:00 Uhr beginnt. Bis ca 14:00 Uhr arbeite ich gemeinsam mit den Schauspielern an den Szenen und Rollen. Am Nachmittag versuche ich die neuen Ideen und Änderungen zu verarbeiten. Oft entstehen aus den Proben wieder neue Einfälle und Erkenntnisse und sehr oft muss ich Gespräche mit den Bühnen- und Kostümbildnern oder der Dramaturgie führen. Von 18:00 – 22:00 Uhr finden dann wieder Proben statt. Danach fahre ich nach Hause und gehe erst spät zu Bett, da viele neue Eindrücke und Ideen in meinem Kopf herum schwirren. Diese versuche ich entsprechend zu sortieren, um sie mit den Schauspielern am nächsten Tag umzusetzen, oder sie als Basis für Experimente zu nutzen.

4. Was ist Ihrer Meinung nach besonders attraktiv an diesem Beruf? Was ist an Ihrer Arbeit besonders attraktiv?

An der Arbeit als Regisseur finde ich viele Aspekte sehr spannend. Zum Einen ist die Interpretation eines Textes, der bereits vielfach inszeniert wurde, eine große Herausforderung. Die Frage: »Was wird aus dem Stück, wenn ich meine Ideen und Vorstellungen in eine Umsetzung einbringe?« hat mich immer sehr begeistert. Dann ist die Arbeit mit den Schauspielern immer wieder aufs Neue spannend. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Schauspieler können für einen Regisseur sowohl fördernd, als auch herausfordernd sein. Zu beobachten, wie sich die Figuren durch die Schauspieler und die intensive Arbeit an den Rollen entwickeln. Zu sehen, wie sich dadurch das Regiekonzept, mit dem man einst zur Leseprobe antrat, weiterentwickelt und wächst. Manchmal wird im Laufe der Proben etwas ganz anderes aus dem Stück, als man noch vor wenigen Wochen oder gar Tagen erwartet hat.

Wenn ich Regie führe, ist mir besonders wichtig, diesem »Wachsen« Raum zu geben. Ich glaube, dass durch eine gute Zusammenarbeit mit den Schauspielern und den anderen Gewerken, die auf künstlerischer Ebene am Stück beteiligt sind, die Inszenierung zu einem homogenen Werk wird. Ein Werk, das gewachsen ist, das sich aus der Kreativität vieler Beteiligten speist und das einerseits eine künstlerische Form einnimmt und andererseits authentisch ist.

5. Welche Vorkenntnisse sind in dieser Branche besonders wichtig? Muss man zwingend ein Studium abschließen, um Regisseur zu werden?

Ich empfehle jedem, der weiß, dass er Regisseur werden will und der die Möglichkeit dazu hat, ein Regiestudium zu absolvieren. Natürlich bedeutet ein Studium nicht, dass man danach alles weiß und alles kann. Allerdings glaube ich, dass jedem künstlerischen Beruf ein Handwerk zu Grunde liegt, das man lernen sollte, da es einem sehr hilfreich sein wird. Gerade komplexe Stücke, wie die, die wir pauschal »Klassiker« nennen, erfordern jede Menge Vorarbeit und gezielten Einsatz von Kreativität.

Natürlich gibt es Einige, die ohne Studium Regie führen. Allerdings können sie es dann weitestgehend mit Berufserfahrung und Talent kompensieren. Aber das ist nicht immer so einfach. Insgesamt gibt es kein Patentrezept, für Erfolg in der Regie. Es spielen sehr viele Faktoren eine Rolle und eine Karriere ist nicht planbar. Deshalb ist es auch schwer, von nötigen Vorkenntnissen zu sprechen. Man sollte ein Verständnis für Theaterinhalte und Sprache haben, sowie ein Händchen für Arrangements und vor allem auch für den Umgang mit anderen Menschen.

6. Wie geht man als Regisseur mit Verfilmungen von Comics und Cartoons um?

Da ich bisher weder Comic, noch Cartoon verfilmt habe, kann ich dazu nur sagen, dass ich mir Comicverfilmungen gerne ansehe. Weiter reicht meine Expertise in dem spezifischen Fall nicht.

7. Wie sehen die Chancen für angehende Regisseure/-innen in der Berufswelt aus? Muss man sich auf finanzielle Durststrecken einstellen?

Als Regisseur ist es sehr unwahrscheinlich, dass man eine Festanstellung bekommt. Die meisten Regisseure arbeiten an unterschiedlichen Theatern und sind oft nur für eine Produktion pro Spielzeit engagiert. Die Berufschancen sind nicht besonders rosig und es gibt viele Faktoren, die eine Rolle spielen, wenn es um eine »erfolgreiche Karriere« geht. Man sollte sich definitiv auf finanzielle Durststrecken einstellen.

8. Haben Sie ansonsten hilfreiche Ratschläge oder Tipps?

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, Werk bezogen zu arbeiten. Wer Regisseur werden will, weil er denkt, dass er dadurch reich und berühmt wird, hat wahrscheinlich schlechte Karten. Ein Regisseur sollte meiner Meinung nach seiner Idee und seiner Vision folgen und gleichzeitig nicht dogmatisch oder verkrampft an die Inszenierung heran gehen. Offenheit im Denken und das Zulassen von Kreativität und Inspiration, Mut zur Provokation und zum Gegen-den-Strom-Schwimmen sind meiner Meinung nach sehr wichtig.

Den Beruf des Regisseurs halte ich nicht nur für einen kreativen und künstlerischen Beruf. Der Regisseur ist auch ein Verwalter von kreativen Prozessen anderer Kunstschaffender, wie beispielsweise der Schauspieler, Bühnenbildner, Kostümbildner, etc. Somit finde ich es sehr wichtig, dass den anderen Künstlern der nötige Raum zu kommt und der Regisseur ein Gespür dafür hat, diese unterschiedlichen Künste zu verknüpfen und in eine gemeinsame Form zu bringen.

Website von Thomas Rizinger

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