Berufsbild Drehbuchautor/-in: Interview mit Manuel Meimberg

Interview: Manuel Meimberg über den Beruf als Drehbuchautor

1. Hallo Herr Meimberg. Stellen Sie sich und Ihren Werdegang kurz vor.

Ich bin jetzt seit fast 20 Jahren Drehbuchautor, angefangen habe ich als Storyliner bei einem Daily Drama, was damals noch nicht Daily Drama hieß, sondern Soap. „Unter Uns“ in Köln war meine erste Produktion, dort habe ich erst als Storyliner gearbeitet.

Storyliner sind fest angestellte Autoren, die im Team die Geschichten für die Serie entwickeln. Die Dreh-/ oder Dialogbücher schreiben dann andere Autoren auf Basis der Storylines. Danach war ich in der selben Produktion Script-Editor – ebenfalls fest angestellte Autoren, die Drehbücher drehfertig machen und sie während des Drehs betreuen. Und dann Chefautor und Creative Producer. Nach ein paar Jahren bei verschiedenen Soaps in Köln und Berlin habe ich mich dann irgendwann als Drehbuchautor und Regisseur selbständig gemacht.

2. Wie sind Sie zu der Idee gekommen, Drehbuchautor zu werden? Was hat Sie dazu veranlasst?

Ich habe nach meinem Abitur verschiedene Praktika gemacht, damals wollte ich noch Fotograf werden, ich fand es immer schon faszinierend, Geschichten zu erzählen – egal, ob mit Worten oder mit Bildern. Auf Umwegen bin ich dann – ebenfalls erst als Praktikant und später als Produktionsassistent – bei einem Fernsehproduzenten gelandet, der vor allem Rockkonzerte für den WDR gefilmt hat. Riesen Produktionen mit 16 Kameras. Eine ziemlich aufregende Zeit, in der ich viel über Fernsehproduktion im Allgemeinen gelernt habe. Dieser Produzent hat mich dann mit einem seiner Freunde bekannt gemacht, der Produktionsleiter bei der Soap „Unter Uns“ war. Und dieser Produktionsleiter hat mir wenige Wochen nach unserem Kennenlernen dann einen Job im Storydepartment der Serie angeboten. Und plötzlich war ich Autor.

3. Haben Sie sich auf ein bestimmtes Genre spezialisiert? Was mögen Sie besonders an Ihrem Job als Drehbuchautor? Was ist so reizvoll daran?

Ich habe mich auf kein Genre spezialisiert, ich erfinde einfach gerne Geschichten und Charaktere. Ich liebe es, in das Leben von Figuren einzutauchen, die ich noch gar nicht kenne. Und sie dabei immer besser kennen zu lernen. Schreiben ist für mich Magie, weil man völlig neue Welten erschafft. Einfach so. Erst ist da eine riesige weiße Tafel. Von denen habe ich zwei in meinem Büro und während am Anfang diese Tafel leer ist, hängen nach ein paar Wochen oder Monaten hunderte von Karteikarten daran, die Szenen sind. Die Figuren darauf lieben, leiden, erleben Schicksalsschläge, sterben, lachen, weinen, ängstlich oder glücklich sind. Dafür, dass die Tafel vor nicht allzu langer Zeit noch leer war, ist das eigentlich ziemlich magisch. Und irgendwann läuft das dann im Fernsehen oder im Kino oder im Internet und Millionen von Menschen leiden mit. Und wenn ich glück habe, weinen sie. Dafür schreibe ich.

4. Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach ein Studium, oder eine Ausbildung in dieser Branche und warum?

Ich habe nicht studiert, und ich habe auch keine Ausbildung. Ich habe nach dem Abtitur angefangen, Praktika zu machen und bin noch ganz „oldschool“ in die Sache rein gerutscht. Ich war in meiner Berufslaufbahn als Chefautor oder Creative Producer oft in der Situation, Autoren einstellen zu dürfen. Mich hat ehrlich gesagt nie interessiert, ob sie studiert haben. Mich hat interessiert, wie sie in Teams funktionieren, wie sie die Welt sehen und ob es mir Spaß macht, Sachen von ihnen zu lesen.

5. Berufseinsteiger haben es oft schwer. Welchen Weg sollte man ihrer Meinung nach dem Abschluss einschlagen? Ist ein Quereinstieg in diesen Beruf in der Regel möglich?

Ein Quereinstieg ist auf jeden Fall möglich. Hat bei mir ja auch wunderbar geklappt. Inzwischen gibt es aber auch super Drehbuch-Studiengänge. Und was ich ziemlich gut finde, ist, wie nah an der Praxis die Studenten oft sind: Viele Film- oder Fernsehproduzenten sind Gastdozenten an Filmhochschulen. Und nutzen den Kontakt zu den Studenten natürlich auch, um vielversprechende Talente zu entdecken. Nicht selten haben Stundenten dann nach ihrem Abschluss direkt ein Jobangebot auf dem Tisch.

6. Gibt es bestimmte Herausforderungen, auf die man sich als Drehbuchautor einstellen sollte?

Sender. Was ich damit meine: Der Weg von der ersten Idee bis zum drehfertigen Drehbuch ist sehr, sehr lang und gerade für Anfänger oft ernüchternd. Was der betreuende Redakteur in einem Drehbuch sieht, muss nämlich nicht unbedingt immer das sein, was der Autor eigentlich meinte, als er die erste Fassung geschrieben hat. Da gibt es oft „Annäherungsprozesse“, die schmerzhaft sein können, wenn man nicht bereit ist, sein Ego ganz weit zurück zu stellen. Das ist natürlich nicht immer so, aber man sollte wissen, dass es in der Entwicklung eines Drehbuches mit einem Sender nicht immer nur Einigkeit gibt. 🙂

Dass der Autor so verhältnismäßig wenig Macht im Prozess der Produktion und Umsetzung seines Stoffes hat, ist übrigens ein typisch deutsches Phänomen. In anderen Ländern ist der Autor der Creator, und hat Mitspracherecht beim Casting, beim Dreh und beim Schnitt. Zum Glück ändert sich das aber gerade langsam auch bei uns. Die Autoren werden immer mächtiger… 

7. Was war für sie bisher die anspruchsvollste Dreharbeit? Begründen Sie!

Ich arbeite ja auch als Regisseur. Eine der anspruchsvollsten Produktionen war ein 90 minütiger Kinofilm, den ich in sieben Tagen gedreht habe. Im Normalfall hat man für einen 90er um die 20 Tage Zeit.

8. Manche Drehbuchautoren schreiben gerne mit Schablonen. Was halten Sie von dieser Methode und würden Sie die Schreibhilfe Einsteigern ans Herz legen?

Es gibt hunderte Bücher über das Schreiben, die alle irgendwelche formelhaften Theorien propagieren. Zwei davon haben mich nachhaltig beeindruckt, das sind „Story“ von Robert McKee und „The Screenwriter’s Odyssee“ von Christopher Vogler. Die stehen irgendwo verstaubt in meinem Regal, weil ich die vor Ewigkeiten mal gelesen habe. Aber damals fand ich es hilfreich, eine Art von Anleitung zu kennen, auf die man zurückgreifen kann, wenn man zum Beispiel irgendwo im zweiten Akt fest hängt und nicht weiter kommt. Und das mache ich bis heute.

9. Haben Sie ansonsten hilfreiche Ratschläge oder Tipps?

Schreiben. So oft es geht und egal wo. Immer ein kleines Notizbuch und einen Stift dabei haben, damit man Ideen oder Geistesblitze sofort fest halten kann. Ich würde das auch nicht mit dem iPad machen – Papier und Stift sind haptisch. Und emotionaler als ein Touchscreen. Und: Morgens oder nachts wenn man aufwacht seine Träume aufschreiben!!! Träume sind ein unfassbar tiefer See an Ideen und Geschichten. Man muss sie nur hoch holen.

Website von Manuel Meimberg

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Berufsbild Drehbuchautor: Übersicht & Aufgaben, Ausbildung & Studium

1. Was ist ein Drehbuchautor?

Der Drehbuchautor ist bei der Filmproduktion die treibende Kraft hinter der Entstehung der filmischen Geschichte. Das Drehbuch an sich stellt nach seiner Fertigstellung die Anleitung zur stimmigen Komposition der einzelnen Szenen dar. Bei seiner Arbeit berücksichtigt der Drehbuchautor ständig den Standpunkt des Publikums, welches er in die Geschichte des Films, die Konflikte und die Charakterentwicklungen mit einbeziehen möchte.

2. Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Drehbuchautor

Es gibt keine offiziell anerkannte Berufsausbildung für Drehbuchautoren, aber dennoch einige Möglichkeiten, sich die erforderlichen Kompetenzen anzugeignen. Die wichtigsten Grundlage für den Job eines Drehbuchautoren sind so viel Schreiberfahrung wie möglich und eine gute Portion Lebenserfahrung. Im Selbststudium erworbene Grundkenntnisse lassen sich anschließend in einer der Drehbuchwerkstätten in Deutschland vertiefen. Außerdem empfehlen sich Praktika und Volontariate bei Produktionsfirmen oder Fernsehsendern, um auch Einblicke in den Arbeitsalltag beim Film zu erlangen und wichtige Kontakte zu knüpfen.

3. Der Aufgabenbereich

Die Arbeit an einem Drehbuch gliedert sich in der Regel in vier aufeinander folgende Teilschritte.

1. Recherche

Da der Film in seiner Realitätstreue alle anderen Künste übertrifft, muss auch das Drehbuch entsprechend ausgearbeitet sein. Alles beginnt mit einer umfassenden Recherche, mit deren Ergebnissen der Autor erst in der Lage ist, Figuren, Konflikte und Rahmenhandlungen detail- und realitätsgetreu wiederzugeben. Je nach beschriebener Filmhandlung können solche Recherchen sehr umfangreich sein, da der Autor erst dann in Lage ist, einen Sachverhalt glaubwürdig darzustellen, wenn er jede Facette der Situation verinnerlicht und interpretiert hat. Dazu können unter Anderem das Lesen von Fachliteratur, Interviews mit Experten oder das Sammeln eigener Erfahrungen gehören.

2. Exposé

Hier ist die Idee der Geschichte mit künstlerischen Ansatzpunkten enthalten. Außerdem finden sich hier erstmals die Grundelemente, aus denen die Geschichte aufgebaut sein soll. Dazu zählen:

  • Zeit und Ort
  • Figuren
  • Erzählform
  • Hauptkonflikte
  • Beschreibung der Plotentwicklung
  • Höhepunkte und Schluss der Handlung

3. Treatment

Das Treatment stellt die Weiterentwicklung des Exposés dar. Hier sind bereits alle Handlungsstränge, Schlüsselszenen und Schauplätze enthalten. Dialoge werden jedoch noch nicht eingepflegt. Im Treatment lassen sich, noch besser als im fertigen Drehbuch, die psychologischen Gesichtspunkte der Charakterentwicklung besonders klar herausarbeiten.

4. Drehbuch

Im Drehbuch finden sich dann alle Dialoge, Beschreibungen der Schauplätze sowie die genauen räumlichen und zeitlichen Abläufe. Außerdem sind hier bereits Angaben über aussagekräftige Requisiten, Kostüme, Töne und Musik, sowie über Licht-, und Farbstimmung eingepflegt. Das fertige Drehbuch kann als alleinstehendes Werk betrachtet werden, auch wenn es am Set ein integraler Bestandteil des zu schaffenden Filmes ist – quasi die detaillierte Bauanleitung.

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